Homepage

Konzeptidee

Artenlisten

Artenprofile

Naturschutz-Praxis

Chronologie

Links

Buchempfehlungen

Newsletter

Natur-Videos

Fotogalerie

Dank an...

Spiel

Suche

Kontakt & Spende

Hilfe

Impressum


 
 

Kleines Nachtpfauenauge - Saturnia pavonia (LINNAEUS, 1758)
Artenprofil von Hans-Joachim Weigt


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera)
Familie: Pfauenspinner (Saturniidae)
Unterfamilie: Nachtpfauenaugen (Saturniinae)

Synonym:

Eudia pavonia

Fotos (© Hans-Joachim Weigt)
Holzwickede (Hengsen, 1), Haltern (Westruper Heide, 2+5),
Erndtebrück (Schwarzbachtal, 3+4)


(xxl-Foto)
Weibchen (Flachland)
10.04.2005

(xxl-Foto)
Männchen (Flachland)
11.04.2002

(xxl-Foto)
Weibchen (Bergland)
03.1973
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich

(xxl-Foto)
Männchen (Bergland
03.1973

(xxl-Foto)
erwachsene Raupe
07.2003
 
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen

Auffallender, mittelgroßer Nachtalterr mit starkem Geschlechtsdimorphismus. Die weiblichen Imagines (Bild 1) haben sägezähnige Fühler, sind hellgrau mit kontrastreicher dunkelgrauer Zeichnung. Jeder der vier Flügel trägt in der Mitte einen auffallenden Augenfleck. Der etwas vorgezogene Apex der Vorderflügel zeigt rostrote Wische. Das Männchen (Bild 2) hat stark gekämmte Fühler, ist deutlich kleiner, hat aber die gleiche Flügelzeichnung wie der weibliche Falter. Die Färbung der Flügel ist jedoch eine völlig andere. Die Vorderflügel sind kontrastreich braungrau, manchmal rostrot übergossen, der große Augenfleck ist hell umrandet. Die dunklen, doppelten Querlinien sind hell ausgefüllt. Die Hinterflügel sind auffallend dottergelb, der hell umrandete Augenfleck ist schwarz. Das Saumfeld aller Flügel ist bei beiden Geschlechtern ungezeichnet grau, es wird zum Rand hin dunkler. Diese Normalform kommt im Flach- und Hügelland vor. Falter von Berglandpopulationen, oberhalb von 700 Metern, weichen stark von diesen Tieren ab. Die weiblichen Imagines (Bild 3) sind auffallend kontrastreich gezeichnet, die männlichen (Bild 4) stark rot übergossen.

Flügelspannweite:
Weibliche Imagines erreichen eine Spannweite von 65 mm, männliche 45 mm. Die Berglandform ist durchschnittlich um 20% kleiner.

Ei: Die Eier sind länglich-oval mit abgeplatteten Enden und etwa 1,5 mm groß. Sie sind beige, braungrau übertönt.



Eiablage von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt)


Raupe:
Die Raupe ist in der Jugend schwarz mit stark beborsteten helleren Warzen.



L2-Raupe von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt) (xxl-Foto)

Im L3-Stadium wird die schwarze Grundfarbe von orange und grünen unregelmäßigen Flecken unterbrochen.



L3-Raupe von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt) (xxl-Foto)

Raupen in Hochlagen über 700 Meter sind schwarz mit roter Seitenlinie.



L3-Raupe von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt) (xxl-Foto)

Die ausgewachsenen Raupen der Hügel- und Flachlandpopulationen sind laubgrün und tragen auf jedem Segment rosa oder gelbe bedornte Warzen. Jedes Segment ist mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten schwarzen Querband versehen.



Erwachsene Raupe von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt) (xxl-Foto)

Bei Raupen der Gebirgsform ist diese Schwärzung so stark, dass von der grünen Grundfarbe kaum noch etwas übrig bleibt. Es wurden schon völlige schwarze Raupen im Rothaargebirge beobachtet.



Ausgewachsene Raupe von Saturnia pavonia (Foto: Hans-Joachim Weigt) (xxl-Foto)


Puppe:
Die 2 bis 4 cm langen, gedrungenen Puppen ruhen in einem Kokon. Dieser wird gut getarnt inmitten der Vegetation so angelegt, dass ihn trockenes Laub oder Heidekraut fast vollständig umhüllt. Er ist birnenförmig und mittelbraun. Der Ausgang an der schmalsten Stelle ist durch eine Reuse gegen eindringende Feinde gesichert. Die Puppe überwintert. In klimatisch ungünstigen Jahren schlüpfen nur etwa 70% der Imagines.

Lebensraum


   

Habitate von Saturnia pavonia (Fotos: Hans-Joachim Weigt):
Naturpark Hohe Mark (Westruper Heide bei Haltern), Rothaargebirge (NSG Haberg bei Heinsberg) (xxl-Foto 1, 2)


Das Kleine Nachtpfauenauge bildet in NRW zwei gut voneinander zu trennende Stämme aus, die sich sowohl in den Habitatansprüchen, der Lebensweise als auch im Aussehen deutlich voneinander unterscheiden. Der gemeinhin als Normalform bezeichnete Stamm besiedelt im Flach- und Hügelland vor allem offene Calluna-Heiden, Strauchheiden, Sand- und Kalkhalbtrockenrasen sowie seit längerer Zeit brachliegende Offenlandflächen. Wenn entsprechende Landschaftsstrukturen vorhanden sind, die eine Vernetzung geeigneter Lebensräume gewährleisten, stellt sich das Kleine Nachpfauenauge auch dort ein, wo inzwischen offene Brachen entstanden sind. Besonders starke Populationen bildet die Art in den westfälischen Heidelandschaften aus (Bild links). Obwohl es sich bei ihr um eine typische Steppenart handelt, besiedelt sie doch vorzugsweise windgeschützte Wärmeinseln. In reinen Agrarlandschaften hingegen fehlt die Art über weite Strecken. Das gilt auch für große geschlossene Waldgebiete, die für die Art nur dann entsprechende Lebensräume bieten, wenn größere Freiflächen wie langjährige Kahlschläge, Moore oder Heiden eingebettet sind. In intakten Wiesentälern kommen stellenweise noch kleinere Populationen vor. Die Berglandpopulationen bewohnen in erster Linie Hochheiden (Bild rechts), Kahlschläge und Quellmoore des Rothaargebirges, deutlich über 700 Meter.

Biologie und Lebensweise
Die männlichen Falter sind tagaktiv. Sie schlüpfen zumeist in den frühen Morgenstunden und werden am Nachmittag aktiv. Sie fliegen an sonnigen, warmen Frühlingstagen etwa von 14 bis 18 Uhr wild und ungestüm. Auf der Suche nach frisch geschlüpften Weibchen legen sie weite Strecken, kaum mehr als einen Meter über der Bodenvegetation fliegend zurück. Mit ihren stark gefiederten Antennen können sie die vom Weibchen ausgesandten Duftmoleküle über viele hundert Meter orten. Mit einem unbefruchteten Weibchen lassen sich zuweilen in kurzer Zeit viele Männchen anlocken. Bis zur Dämmerung sind alle Weibchen aufgefunden und begattet. Die Copula dauert in der Regel zwischen zwei und sechs Stunden. Die Weibchen beginnen unmittelbar nach der Trennung mit der Eiablage, für die sie ebenfalls recht weite Strecken zurücklegen können. Sie kommen an Lichtquellen, an denen aus den Populationen des höheren Berglandes auch Männchen anfliegen. Die Weibchen legen ihre Eier in mehreren Nächten in ringförmig angelegten Häufchen um dünne Zweige oder Stängel. Wenn sie an die Spitzentriebe von Heidekraut abgelegt werden, gleichen sie so gut den vorjährigen trockenen Blüten, dass sie nur bei intensiver Suche auffallen. Eigelege, die von Schlupfwespen befallen waren, kann man noch monatelang entdecken.
Die Flach- und Hügellandpopulationen fliegen im zeitigen Frühjahr je nach Einsetzen der milden Witterung vom 07.04. (25.4. bis 10.05) bis zum 02.06. Die Tiere des höheren Berglandes wurden vom 18.04. (12.05. bis 26.05.) bis zum 14.06. beobachtet.
Die Raupen wurden von Ende Mai bis Anfang September gefunden.

Nahrung
Die Imagines haben keinen Rüssel und können somit auch keine Nahrung aufnehmen. Wenn man nach Informationen über die Raupennahrungspflanzen in der Literatur sucht fällt auf, dass sich viele Autoren mit der Frage beschäftigt haben, welche Futterpflanzen den Raupen zuzuordnen seien. Die Antworten darauf erscheinen widersprüchlich. Wohl deshalb, weil regional unterschiedliche Nahrungspflanzen bevorzugt werden: in den Heidegebieten ist es vorwiegend Heidekraut (Calluna vulgaris), in verheideten Mooren zusätzlich noch Birke (Betula) und Brombeere (Rubus), in Wiesentälern vorwiegend Mädesüß (Filipendula ulmaria), auf Halbtrockenrasen immer nur Schlehe (Prunus spinosa) und Rose (Rosa canina).
Die Berglandpopulationen leben an Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) und Weißdorn (Crataegus), selten auch an Himbeere (Rubus idaeus). Während der Zucht nehmen sie aber fast alle Laubholzarten an.

Verbreitung in D/Welt
In Deutschland flächendeckend verbreitet. Weitere Verbreitung eurasiatisch.

Verbreitung in NRW
Das Kleine Nachtpfauenauge ist in NRW punktuell in zusagenden Lebensräumen verbreitet. In den Städten, größeren, geschlossenen Waldgebieten sowie in den reinen Agrarlandschaften fehlt es jedoch. Da vor allem die Tiere der Flach- und Hügellandpopulationen nicht besonders standorttreu sind, besiedelt die Art nach einigen Jahren renaturierte Lebensräume von selbst. Voraussetzung ist jedoch die Möglichkeit über vernetzte Landschaftsstrukturen einzuwandern. Seit den achtziger Jahren zeichnet sich allerdings ein bedenklicher Rückgang der Art als Folge des ständig weiter fortschreitenden Landschaftsverbrauches ab.

Weiterführende Literatur
BERGMANN, A. (1951-1955): Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands, 3, Spinner und Schwärmer. - Leipzig-Jena (Urania).

DÖRING, E. (1955): Zur Morphologie der Schmetterlingseier. - Berlin (Akademie-Verlag).

DUDLER, H. KINKLER, H. et. al. (1999): Rote Liste der gefährdeten Schmetterlinge (Lepidoptera) in Nordrhein-Westfalen - Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten 17: 575-626, Recklinghausen.

EBERT, G. -HERAUSGEBER- (1991-2003): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, Band 4 - Stuttgart (Ulmer)

FORSTER, W. & WOHLFAHRT, T. A. (1960): Die Schmetterlinge Mitteleuropas, Band III, Spinner und Schwärmer (Bombyces et Sphinges). - Stuttgart (Franckh).

HOCK, W., KINKLER, H., LECHNER, R. et. al. (1997): Praxishandbuch Schmetterlingsschutz - LÖBF_Reihe Artenschutz, Band 1, Landesanstalt für Ökologie, Recklinghausen

KARSHOLT, O. & RAZOWSKI, J. (1996): The Lepidoptera of Europe. A Distributional Checklist - Stenstrup Danmark (Apollo Books)

KOCH, M. (1984): Wir bestimmen Schmetterlinge, Melsungen (Neumann).

LERAUT, P. (1980): Liste systematique et synonymique des Lepidopteres de France, Belgique et Corse. - Alexanpr, Paris.

LEPIDOPTEREN ARBEITSGRUPPE (2000): Schmetterlinge und ihre Lebensräume Band 3 - Egg (Schweizerischer Bund für Naturschutz)

NIPPE, B. (2000): Atlas der Raupen europäischer und kleinasiatischer Schmetterlinge- München

NOVAK, I. & SEVERA; F. (1992): Der Kosmos Schmetterlingsführer - Stuttgart (Franckh)

PORTER, J. (1997): Colour Identification Guide to Caterpillars of The British Isles -London (Viking)

ROUGEOT, P. C. & VIETTE, P. (1983): Die Nachtfalter Europas und Nordafrikas. 1. Schwärmer und Spinner (1. Teil) - Keltern

SAUER, F. (1982): Raupe und Schmetterling nach Farbfotos erkannt - Karlsfeld (Fauna-Verlag)

SAUER, F. (1984): Heimische Nachtfalter nach Farbfotos erkannt - Karlsfeld (Fauna-Verlag)

SAUER, F. (1992): Die schönsten Raupen nach Farbfotos erkannt - Karlsfeld (Fauna-Verlag)

SEITZ, A. (1913): Die Großschmetterlinge der Erde, I. Abteilung: Die Großschmetterlinge des Palaearctischen Faunengebietes, II. Band: Spinner und Schwärmer. - Stuttgart.

SKINNER, B. (1984): Moths of the British Isles - London

WEIGT, H.-J. (1984): Lepidoptera Westfalica, Geometroidea, 55. Familie: Geometridae, Subfamilien: Archiearinae,Oenochrominae, Geometrinae - Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde, 46 -3 : 3 - 56, Münster


Zur Buchliste weiterer interessanter Schmetterling-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

Weitere Informationen zu Schmetterlingen (Lepidoptera) im Internet

Portal für Schmetterlinge und Raupen (Walter Schön): fast 6000 Fotos, mehr als 550 Artenportraits, Bestimmungshilfen, Infos, Kontakte, Links (Stand 07/2008)

Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V.: Infos, Kontakte, Links

Moths and Butterflies of Europe and North Africa: Diese italienische Seite in englischer Sprache zeigt jede Menge Fotos zu den Tag- und Nachtfaltern Europas.


Zur Linkliste weiterer interessanter Schmetterling-Internetseiten auf www.natur-in-nrw.de