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Wanderratte - Rattus norvegicus (BERKENHOUT, 1769)
Artenprofil von Axel Steiner


Systematische Einordnung

Stamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Familie: Echte Mäuse (Muridae)

Fotos (© Kirstin Meyer)
Gelsenkirchen


(xxl-Foto)
28.09.2008

(xxl-Foto)
28.09.2008

(xxl-Foto)
28.09.2008
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale
Fell graubraun bis fast schwarz, unterseits weißlichgrau; Füße fleischfarben; Ohren rund, häutig, deutlich zu sehen; drehrunder Schwanz mit 160-205 Schuppenringen; im Vergleich zur Hausratte stumpfere Schnauze und nicht so lange Ohren (erreichen nach vorne gelegt höchstens den Augenrand, während sie bei der Hausratte die relativ kleinen Augen wenigstens teilweise überdecken); Schneidezähne mit orangefarbener Vorderseite, die besonders hart ist und für eine schräge Abnutzung der ständig nachwachsenden Nagezähne sorgt; Fell ohne lange Leithaare; Kot (bis 2 cm lang): teilt man den Durchmesser durch die Länge liegt der Wert bei Wanderratten über 0,4;
Schädelmerkmale: Knochenleisten auf dem Schädeldach (Scheitelbeine) parallel verlaufend, Zwischenscheitelbein +/- rechteckig, Condylobasallänge > 30 mm und Backenzahn-Reihe (Vorbacken- und Backenzähne) im Oberkiefer größer als 6 mm

Länge von Kopf und Körper: 20-28 cm
Schwanzlänge: 17-23 cm
Gewicht: 250-580 g

Verwechslungsarten:

Hausratte (Rattus rattus): etwas kleiner (16-22 cm) und schlanker; mehr als körperlanger Schwanz; große Augen; schwarz bis dunkelgraubraun gefärbtes Fell; Schwanz mit 220-290 Schuppenringen; das Fell wirkt oft durch einzene längere Leithaare etwas struppig; inzwischen recht selten geworden und von der Wanderratte vielerorts verdrängt; Kot: teilt man den Durchmesser durch die Länge liegt der Wert bei Hausratten unter 0,4; Schädel: Knochenleisten auf dem Schädeldach (Scheitelbeine) bogenförmig verlaufend, Zwischenscheitelbein +/- oval

Schermaus (Arvicola terrestris): meist in Wassernähe; Ohren fast völlig im Fell versteckt; stumpfe Schnauze; behaarter Schwanz nur 6-12 cm lang; 12-22 cm Körperlänge

Lebensraum
Als Siedlungsfolger meist in der Nähe des Menschen zu finden, z. B. in Dörfern und Städten, Kellern, Kanalisationsschächten, auf Müllplätzen, gerne auch in Wassernähe oder an Deichen. Außerhalb menschlicher Gebäude werden selbstgegrabene Erdbaue mit langen Gängen bewohnt.

Biologie und Lebensweise
Überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Die Wanderratte schwimmt und taucht sehr gut (daher stammt auch die Bezeichnung "Wasserratte"). Sie lebt in Familienverbänden mit streng festgelegter Rangfolge. Die Mitglieder eines Familienverbandes erkennen sich am gemeinsamen "Sippengeruch". Das Zusammenleben mit Artgenossen wird mit Hilfe von Verhalten wie Drohgebärden oder dem Anzeigen von Unterwürfigkeit organisiert. Wenn ein säugendes Weibchen verunglückt werden dessen Jungen von Artgenossen des selben Rudels aufgezogen.
Wanderratten paaren sich hierzulande ganzjährig. 4-6 Würfe pro Jahr mit je 6-12 Jungen ergeben eine respektable Nachkommenschaft. Diese hängt stark von der Kondition (Gewicht) der Weibchen ab. Nach einer Tragzeit von 22-24 Tagen werden die Jungen (Nesthocker) ungefähr 3 Wochen gesäugt. Nach 6 Tagen öffnen die Jungen die Augen und bereits nach 6-7 Wochen sind sie selbständig. Sie sich bereits im Alter von 3 Monaten fortpflanzen. Ein im Käfig gehaltenes Zuchtpärchen kann theoretisch in einem Jahr mehr als 800 (!) Kinder und Kindeskinder hervorbringen.

Wo Haus- und Wanderratten gemeinsam vorkommen teilen sie sich ihren Lebensraum auf. Die Hausratten besiedeln Dachböden, Speicher und die Obergeschosse von Gebäuden, während die Wanderratten die Kanalisationssysteme und die Keller bewohnen.

Das Auftreten von Wanderratten wird vom Menschen meist sehr kritisch gesehen, da die Tiere einerseits mit ihrem Kot bzw. über Parasiten unbestritten auch Krankheiten übertragen können und andererseits Nahrungsmittel des Menschen unbrauchbar machen können.

In der Illustrierten Naturgeschichte der Thiere (P. L. MARTIN, 1882) wird deshalb nicht viel Gutes von der Wanderratte berichtet. So heißt es dort: "... Wo sie auftritt, zeigt sie sich den landwirtschaftlichen Bestrebungen des Menschen feindlich und wird deshalb überall eifrig verfolgt. Das einzige Nützliche an ihr ist die Haut, welche zu feinen Damenhandschuhen verarbeitet wird."

Die Zeiten der Fellnutzung sind allerdings wohl endgültig vorbei. Die Nutzen-Debatte finde ich zwar überflüssig, dennoch stammen alle als verhätschelte Haustiere gehaltene Ratten von der Wanderratte ab und auch die Tierversuchslabore der Welt hätten einen vermehrungsfreudigen und unkompliziert zu haltenden Testkandidaten weniger.

Nahrung
Allesfresser: Mäuse, Vögel, Eier, Fische, Aas, Blätter, Samen, Früchte und Nahrungsmittel des Menschen (z. B. Brotreste)

Die Tiere sind sehr lernfähig. Wenn eine Ratte eine Nahrungsquelle (oder Köder) abgelehnt hat, wird die Nahrung auch von den Artgenossen gemieden. Es gibt wohl auch regelrechte Vorkoster (rangniedrige Männchen) die Nahrungsquellen antesten und deren weiteres Schicksal darüber entscheidet ob auch andere Artgenossen die gleiche Nahrung fressen oder eher nicht (im Falle von sofort tödlichen Giftködern). Deshalb sind Ratten nur mit langsam wirkenden Giften zu bekämpfen. Der Standardgiftwirkstoff ist Cumarin, das in abgewandelter Form in verschiedenen (auch für Haustiere oder den Menschen) giftigen Präparaten zu kaufen ist. Damit wird die Blutgerinnung blockiert und es kommt nach mehrern Stunden zur Leberschädigung und zum qualvollen inneren Verbluten der Tiere.
Bitte verschonen Sie mich mit Anfragen zur Rattenbekämpfung! Als tierliebender Biologe missbillige ich diese Bekämpfungsmaßnahmen ausdrücklich!

Verbreitung in D/Welt
Wanderratten sind ursprünglich in Ostasien beheimatet, haben sich aber mit Hilfe des Menschen (z. B. mit Schiffen) über die gesamte Erde verbreitet. Die Massenausbreitung in Europa fand vermutlich im 18. Jahrhundert (evtl. auch deutlich vorher) - sicherlich unterstützt durch die flächendeckende Einführung der Kanalisation - statt.

Wanderratten sind deutschlandweit verbreitet und meist recht häufig (es heißt immer, das in vielen Städten mehr Wanderratten als Menschen leben) und haben die Hausratte vielerorts verdrängt.

Die Wanderratte wird mit ihrer imposanten Vermehrungsrate, ihrem Anpassungsvermögen und ihrer Intelligenz vermutlich auch den Menschen noch überleben.

Verbreitung in NRW
Natürlich sind Wanderratten auch in NRW flächendeckend verbreitet.

Benutzte Literatur
BERGER, Z. & L. J. DOBRORUKA (1985): Säugetiere Europas. Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., Stuttgart. 189 S.

GIBSON, CH. (2006): Wildtiere. Dorling Kindersley Verlag GmbH, Starnberg. 224 S.

GRZIMEK, B. (1979): Grzimeks Tierleben. Enzyklopädie des Tierreichs. Band 11, Säugetiere 2. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG, München. 608 S.

HOFMANN, H. (1993): Tiere in Natur und Garten. Bestimmen - Kennenlernen - Schützen. Große und kleine Säugetiere Europas. Gräfe und UNzer GmbH, München. 157 S.

MARTIN, P. L. (1882): Illustrierte Naturgeschichte der Thiere. Erster Band. Säugethiere. Leipzig, F. U. Brockhaus. 631 S.

PLATEN, H. (1997): Das Rattenbuch : über die Allgegenwart eines verleugneten Nachbarn. - Frankfurt/Main, Campus Verlag. 262 S.

REICHHOLF, J. (1982): Säugetiere. Die farbigen Naturführer. Mosaik Verlag GmbH, München. 287 S.

RICHARZ, K. (2003): Steinbachs Naturführer Säugetiere, Verlag Eugen Ulmer, 192 S.

SCHAEFER, M. (2006): Brohmer: Fauna von Deutschland. Ein Bestimmungsbuch unserer heimischen Tierwelt. 22., neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim. 809 S.


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Weitere Informationen zur Wanderratte (Rattus norvegicus) im Internet

Wikipedia: Weitere Informationen und Fotos zur Wanderratte