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Spindelsporiger Aggregatbecherling - Thelebolus terrestris (ALB. & SCHWEIN.) PFISTER 1944 |
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Artenprofil von Fredi Kasparek |
Systematische Einordnung
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Reich: | Pilze (Fungi)
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Klasse: | Schlauchpilze (Ascomycetes)
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Ordnung: | Schlauchpilze deren Schläuche sich zwecks Sporenbefreiung durch ein Deckelchen öffnen = operculate Ascomyceten (Pezizales)
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Familie:
| Dungbecherlinge (Thelebolaceae)
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Gattung:
| Spindelsporiger Becherling, Aggregatbecherling - Thelebolus Syn. Byssonectria
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Synonyme: Byssonectria terrestris (Alb. & Schwein.) Pfister (1944); Inermisia aggregata (Berk. & Br.) Svrcek (1969); Inermisia fusispora (Berk.) Rifai (1968); Octospora aggregata (Berk. & Br.) Eckblad (1968); Pyrenoma buchsii (Henn.) Svrcek (1981); Humaria buchsii (Henn.) Boudier (1907) u. a. mehr...
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Fotos (© Fredi Kasparek)
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MTB 4208/2 Wulfen (Lavesumer Geisheide)
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Besondere Merkmale, Beschreibung der Artmerkmale |
Wissenschaftliche Fachbegriffe werden hier im Pilz-ABC erklärt!
Makromerkmale: Fruchtkörper 1-3 mm Ø und 1-2 mm hoch werdend, stiellos, erst kugelig, reif tiegel-, napf- oder pokalförmig, zunächst mit konkaver, dann scheibiger, zuletzt mit konvexer Fruchtscheibe, dick- und wachsfleischig. Die allermeisten Kollektionen erscheinen in einem ± dichtem, weißen Subiculum, das manchmal allerdings nur mit der Handlupe erkennbar wird, einheitlich gelb- bis gelborange, Fruchtscheibe glatt, Rand jung weißlich fransig gezähnelt.
Mikromerkmale: Sporen 20-25 (30) x 8-10 µm, elliptisch, beidseitig spindelig, mit abgerundeten, kappenartig verdickten Polen, meist mit zwei größeren und einigen kleineren Tröpfchen, glatt, hyalin. Überreife Sporen fein granuliert-körnig. Asci operculat, Jod -, 230-250 x 8-10- µm, Basis knorrig wurzelnd, Paraphysen 210-240 x 2,5-3,5 µm, septiert, Enden schwach verdickt, krückstockartig gebogen, mit reichlich orangefarbener Grana angereichert, in Melzers Reagenz grün verfärbend. Textura granulosa angularis.
Diskussion:
Die hier abgebildeten Kollektionen wuchsen gemeinsam mit weißen Becherchen der gleichen Art. Wenn sie heranreiften, verfärbten sie sich auf der Fruchtscheibe gelb und wurden erst dann reif. Die weißen Fruchtkörper waren absolut unreif. Derartige "Albinoformen" wurden von dieser Art noch nie von anderen Ascomycetenkennern beobachtet, beschrieben oder publiziert. Erst im Dezember 2007 konnte J. Haedeke (Kaiserslautern) eine ähnliche Aufsammlung dokumentieren (Briefliche Mitt. an den Verf.). An meiner Aufsammlung konnte ich nur vereinzelte Subiculumhaare unter der Stereolupe festgestellt. Auch sämtliche Mikromerkmale dieser Aufsammlung besaßen 10-20 % größere Mikromerkmale als die in diverser Fachliteratur aufgeführten. Die Ursache der "Fehlbildung der weiß-gelben Leguane" aus der hier abgebildeten Kollektion konnte bis heute noch nicht aufgeklärt werden. Vermutlich lag ein genetischer Defekt vor.
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Ökologie, Substrat, Lebensweise |
Vornehmlich in Heiden und auf heideähnlichen Flächen unter Jungkiefern (Pinus silvestris) und Birken (Betula pubescens), zwischen feucht liegender Kiefernnadelstreu, Birkenlaubgemisch und zerstreut liegendem faulendem Geäst. Thelebolus terrestris liebt Sandböden oder sandig-torfige Humusboden die mit Heidekraut, Flechten und Moosen bewachsen sind. Das Substrat ist meist (nicht immer!) ± stark von Hoch- und Niederwildlosung bzw. Urin getränkt. Ein coprophiler (= Dung liebender) Saprobiont der meist in größeren Kolonien gesellig, rasig bis gedrängt wachsend erscheint.
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Verwechslungsarten oder nahe Verwandte |
Kleine gelb nuancierte Ascomyceten gibt es wie Sand am Meer. Für diese Profilart werden drei ähnliche, jedoch unkompliziert abzugrenzende Arten kurz vorgestellt und abgebildet.
Der Blassgelbe Erdborstling (Cheilymenia theleboloides) erscheint ebenso rasig-gedrängt wachsend in leuchtend gelben bis orangegelben Farben wie der Spindelsporige Aggregatbecherling. Er wächst jedoch auf verrottenden Pflanzen (Debris), faulender Getreide- und Strohspreu, oder mit Mist vermengter Pferdestreu, auf entsprechenden Bauernhof-Deponien und anderen Ablagerungen die im Frühjahr mit zarten Grünpflanzen durchwachsen werden und zusätzlich durch Vieh- und Wildlosung getränkt werden. Gerne in der Nähe von Bauernhöfen, Feldern und Äckern. Mikroskopisch ergeben elliptische Sporen von 15-20 x 8-11 µm ohne Tropfen, gerade Paraphysen, und hyaline spitz auslaufende und septierte Haare reichlich unterschiedliche Merkmale zum Spindelsporigen Aggregatbecherling.
Sehr ähnlich in Größe und Farbe, jedoch ausschließlich auf alten Kuhfladen vorkommend sieht der Körnige Rinderdungbecherling (Coprobia granulata) aus. Auch dieses Becherchen wächst rasig bis gedrängt. Bei Reife der Fruchtkörper wachsen seine Asci aus der Fruchtscheibe und geben der Fruchtschicht so ein raues Aussehen. Seine Sporen erreichen nur 14-17 x 6,5-7,5 µm. Auch sie sind hyalin, glatt und besitzen keinen Tropfen.
Eine weitere Verwechslungsart verbirgt sich im Kotlabas-Weichbecherchen (Kotlabea deformis). Dieses Becherchen hat eine besondere Lebensweise. Es erscheint von April bis Juni saprophytisch auf frisch aufgebrochenen und wiederbearbeiteten meist lehmhaltigen Böden unterschiedlicher Zusammensetzung, die von ersten Pionierpflanzen besiedelt werden. Seine 16-19 x 9-11 µm groß werdenden Sporen sind breit elliptisch, glatt und innen vollkommen mit feinkörniger Grana (wie aufgeschäumt erscheinend) angereichert. Darin befindet sich ein nur schemenhaft erkennbarer Tropfen. Die apical leicht angeschwollenen Paraphysen sind mit gelber Grana angereichert, die sich in Melzers Reagens grün färben. An der Becherbasis befinden sich kräftige, gelbwandige Haare, die nach HÄFFNER (1974-1984) als Ankerhyphen bzw. Versorgungshyphen bezeichnet werden.
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Giftigkeit bzw. Speisewert |
Ascomyceten bis 1 cm Ø werden nicht auf ihren Speisewert überprüft.
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Erscheinungszeitraum |
...ist das Frühjahr von März-Mai. Er ist jedoch auch in milden Wintern von November bis Februar zu finden. Die hier vorgestellte Kollektion fand der Verfasser am 1. und 13. Mai.
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Verbreitung/Häufigkeit in Deutschland |
In ganz Deutschland zerstreut verbreitet.
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Verbreitung in NRW |
In NRW sind erst vereinzelte Vorkommen bekannt geworden. Die Art scheint in den angesprochenen speziellen Biotopen nicht selten zu sein. Sie wird jedoch nicht immer von Ascomycetenfreunden erkannt. Die Kategorie "zerstreut vorkommend" trifft nach den Beobachtungen des Verfassers auch für NRW zu.
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Benutzte Literatur |
BENKERT, D. (1987): Gleditschia 15, Bemerkenswerte Ascomyceten aus der DDR, IX. Die Gattung Byssonectria
BOUDIER, E. (1905-1910): Icones Mycologicae, Humaria fusispora Tome II, Plances 394; Tome IV, Pages 223; Tome V, Revision of the Species S. 230
BREITENBACH, J. & F. KRÄNZLIN (1981): Pilze der Schweiz, Band 1 Ascomyceten, S. 110 Inermisia fusispora
BUSER, P. (1987): SZP 7, Inermisia fusispora
DÄMON, W. 1996): Mycologia Bavarica, Ein Fund von Pseudombrophila guldeniae Svrcek
DENNIS, RWG. (1978): British Ascomycetes, S. 54, Inermisia fusispora
HÄFFNER, J. (1974-1984): Beiträge zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas I, 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Mykologie Ostwürtetembergs (AMO). Neuere Funde wenig bekannter Discomyceten aus Nordrhein-Westfalen (BRD) S. 133-142
HOHMEYER H. E. LUDWIG, & H. SCHMID (1989): Hoppea, Denkschrift, Regensburg, Bot. Ges. 47: 5-36. Über einige Arten operculater Discomyceten (Pezizales) u. a. Byssonectria aggregata
KAJAN, E. (1988): Pilzkundliches Lexikon
KASPAREK, F. (2005): Beiträge zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas XIV, Über drei seltene Ascomyceten in Westfalen, S. 103-109
REHM, H. (1896): Die Pilze Deutschlands. Österreichs und der Schweiz, III Abteilung: Ascomyceten, S. 956 Humaria fusispora
ROTH, L. (1981): Boletus, Jahrg. 5 Heft 1. Inermisia aggregata ein häufiger Frühjahrspilz im Vogtland
RYMAN, S. & I. HOLMASEN (1992): Pilze, S. 631, Byssonectria aggregata;
Schieferdecker, K. (1954): Die Schlauchpilze der Flora von Hildesheim, Nr. 534, Humaria fusispora
SCHMID, I. H. (1990): Ascomyceten im Bild, 1. Serie, Bild Nr. 2, Byssonectria aggregata
WÖLDECKE, K. (1998): Die Großpilze Niedersachsens und Bremens. S. 82, Byssonectria aggregata
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Weitere Informationen zu Pilzen (Fungi) im Internet |
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