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Kleine Königslibelle - Anax parthenope SELYS, 1839
Artenprofil von Heide Gospodinova & H.-Willi Wünsch
Letzte Änderung: 17.09.2016


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Libellen (Odonata)
Familie: Edellibellen (Aeshnidae)

Foto (© H.-W. Wünsch)



(xxl-Foto)
Männchen
28.06.2016
   
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen

Informationen zur Namensgebung:
Das griechische "Anax" bedeutet "Herrscher". Dies ist wohl auf die majestätische Erscheinung der Edellibelle zurückzuführen. "parthenope" war in der griechischen Mythologie die Tochter des Flussgottes Acheloos. Gleichzeitig war sie eine der berüchtigten "Sirenen" die durch ihren verlockenden Gesang so manches Schiff anlockten und an den Riffen ihrer Insel im Mittelmeer zerbersten ließen.

Die Kleine Königslibelle gehört zu den größten Edellibellen Mitteleuropas. Diesen Größenverhältnissen steht ein ungewöhnlich geringes Gewicht gegenüber. Die Männchen wiegen durchschnittlich lediglich 0,70 Gramm während die Weibchen mit 0,95 Gramm etwas schwerer sind. Ihre Schwesternart, die Große Königslibelle (Anax imperator) ist etwas schwerer. Frisch geschlüpfte Imagines beider Geschlechter weisen einen zunächst noch türkisfarbenen Thorax und ein silbrig glänzendes Abdomen auf. Die Augen sind von Gelb über Grün bis hin zu Türkis gefärbt. Sie wechseln im Ausfärbungsprozess bis zur Geschlechtsreife in ein kräftiges Olivgrün über. Bei den adulten Tieren ist der gesamte Brustabschnitt dunkelbraun. Am Übergang zum Hinterleib zieht sich ein schmaler, gelber Ring um den gesamten Leib.



Männliche Kleine Königslibelle (Foto © H.-W. Wünsch, 28.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)


Bei den erwachsenen Männchen befindet sich auf den ersten beiden Abdominalsegmenten eine blaue Zeichnung. Der Rest des Hinterleibs wirkt düster braun und ist oberseitig von einem schwarzen Längsband durchzogen. Die Hinterleibsanhänge (Cerci) sind relativ kurz.


Weibliche Kleine Königslibelle (Foto © H. Gospodinova, 24.07.2016, xxl-Foto per Bildklick)


Die Weibchen können in zwei verschiedenen Farbmorphen auftreten. Die gängigste Variante ist dabei einfarbig graubraun, die seltenere Variante ähnelt jenen der Männchen, da hier an den ersten beiden Abdominalsegmenten ebenfalls Blauanteile zu sehen sind.

Körperlänge: 6-7,5 cm
Flügelspannweite: 9,5-11 cm

Verwechslungsmöglichkeit:
Anax parthenope ist relativ leicht mit der Schabracken-Königslibelle (Anax ephippiger) zu verwechseln. Letztere ist aber eine etwas kleinere (bis 6,6 cm Körperlänge bei etwa gleicher Flügelspannweite, Hinterleib: sandfarben hellbraun), hauptsächlich in Afrika beheimatete, wanderfreudige Libelle. Die Art ist hierzulande extrem selten, da sie nur gelegentlich bis nach Mitteleuropa einfliegt.




Larve der Kleinen Königslibelle kurz vor der Metamorphose (Foto © H.-W. Wünsch, 22.07.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Larve: bis 55 mm Körperlänge (Aeshna-Larven maximal 50 mm); sehr große Augen; breiteste Stelle des Kopfes liegt deutlich hinter der Mitte (Aeshna-Larven davor); Seitendornen an den Segmenten 7-9; Männchen: Supraanalblättchen breiter als lang, 1/3 so lang wie die Cerci (Anax imperator: Supraanalblättchen etwa so lang wie breit, halb so lang wie die Ceci); Weibchen: Legeröhre halb so lang wie das Segment 9 (Anax imperator: Legeröhre 2/3 so lang wie das Segment 9)
Libellenarten sind auch an Hand der leeren Larvenhüllen (= Exuvien) bestimmbar!



Exuvie von Anax parthenope (Foto © H.-W. Wünsch, 14.07.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Lebensraum
Die Kleine Königslibelle ist eine Bewohnerin von Stillgewässern von meist mehreren Hektar Größe. Hierzu zählen große, natürliche Seen aber auch künstliche Gewässer, wie z. B. in großen Kiesgruben. Eigenen Beobachtungen zufolge bevorzugen die Larven sonnenexponierte Flachwasserzonen mit üppiger submerser Vegetation.



Lebensraum von Anax parthenope, NSG Boisdorfer See, Kerpen (Foto © H.-W. Wünsch, xxl-Foto per Bildklick)

Gehölzbestand an den Ufern scheint von Vorteil zu sein, Fischbesatz spielt hingegen eine eher untergeordnete Rolle. Als Sekundärhabitate werden große Altarme von Flüssen und sogar Hafenbecken besiedelt. In Südfrankreich kann man die Art auch an großflächig überfluteten Reisfeldern finden.

Biologie und Lebensweise
Anax parthenope beginnt etwa in der 2. Maihälfte zu schlüpfen. Die Emergenzperiode der Art kann bis in den September hinein reichen und ist somit ungewöhnlich lang.

 
 
 

Metamorphose von Anax parthenope: 1 = 23:19 Uhr, 2 = 23:53 Uhr, 3 = 23:58 Uhr, 4 = 23:59 Uhr, 5 = 0:11 Uhr, 6 = 0:50 Uhr
(Fotos © H. Gospodinova, 22./23.07.2016, xxl-Fotos per Bildklick)

Nach der Emergenz entfernen sich die jungen Imagines augenblicklich von ihrem Ursprungsgewässer. Als kräftige und ausdauernde Flieger vagabundieren sie während ihrer Reifezeit weit umher und suchen schließlich Gebiete auf, in denen das Nahrungsangebot an leicht zu erbeutenden Fluginsekten sehr hoch ist. Sie jagen entlang von Hecken und Waldrändern nach allem, was sie überwältigen können. Zu Beginn der Fortpflanzungszeit kehren zunächst die Männchen zum Gewässer zurück.



Männliche Kleine Königslibelle im Flug (Foto © H. Gospodinova, 14.07.2016, xxl-Foto per Bildklick)

In ausgedehnten Patrouillenflügen suchen sie in Höhen von 1 bis 2 m Höhe lange Strecken des Seeufers nach paarungswilligen Weibchen ab. Hierzu werden gelegentlich auch trockene Landflächen überflogen. Dabei sind Ruhepausen äußerst selten und auch nur von sehr kurzer Dauer. An Seen, an denen die Kleine Königslibelle mit der Großen Königslibelle vergesellschaftet vorkommt, wird sie nicht selten von der überlegenen Schwesternart in Luftkämpfen vom Ufer abgedrängt und muss auf die offene Wasserfläche ausweichen. Hier finden sich in der Regel auch die Geschlechter.



Kopula der Kleinen Königslibelle (Foto © Werner Heydrich, 27.07.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Zur Paarung wird das Weibchen vom Männchen mit dessen Hinterleibsanhängen am Hinterkopf ergriffen und in einem anschließenden Tandemflug abseits des Wassers geführt. In der angrenzenden Ufervegetation vollzieht sich dann die bis zu 15 Minuten dauernde Paarung im klassischen Kopulationsrad. Unmittelbar danach erfolgt die Rückkehr zum Gewässer, wo das Weichen, das zur Eiablage an das Männchen angekoppelt bleibt, seine Eier in lebendes oder totes, weiches Pflanzenmaterial einsticht.





Eiablage von Anax parthenope in Tandemformation und solo (Fotos © H.-W. Wünsch, 27.07.2016, xxl-Fotos per Bildklick)

Die Eiablageplätze werden während der etwa 20-minütigen Prozedur mehrfach gewechselt. Es kommt auch vor, dass die Weibchen bei Abwesenheit der Männchen einzeln zur Eiablage an das Wasser fliegen. Solitäre Eiablagen bilden aber eher die Ausnahme. In den Eiern entwickeln sich die Larven binnen einem guten Monat. Nach dem Schlupf aus dem Ei leben sie versteckt zwischen Wasserpflanzen und manchmal auch am Gewässergrund von Flachwasserzonen. Ihre Entwicklungszeit dauert 2 Jahre wobei insgesamt 12 Stadien durchlaufen werden. Die extrem gefräßigen Larven bewegen sich gut versteckt in der Unterwasservegetation und erbeuten dabei alles, dessen sie habhaft werden können, bis sie reif für die Metamorphose sind. Die Flugzeit der Kleinen Königslibellen reicht von Anfang Juni bis hinein in die 2. Septemberhälfte.

Nahrung
Anax parthenope gilt als eine der aggressivsten Libellenarten überhaupt. Neben ihrer leicht zu erbeutenden Hauptnahrung, die aus Fliegen, Mücken und großen Schnaken besteht, werden auch große Schmetterlinge und andere Groß- und Kleinlibellen in reißendem Flug erjagt. Nach längeren Schlechtwetterereignissen, während der die Imagines nicht jagen konnten und sie entsprechend ausgehungert sind, kommt es hin und wieder sogar zu Kannibalismus.

Verbreitung in D/Welt
Die Kleine Königslibelle kommt von der europäischen Atlantik- bis zur asiatischen Pazifikküste vor. Im Westen bilden die Kanaren, im Süden die Sahara die Verbreitungsgrenze. Die Art fliegt in Indien, China und Japan im Osten und in den Mittelmeerländern und nördlich der Alpen bis in die norddeutsche Tiefebene im Westen. Im Osten Deutschlands, vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern kommt sie häufig an großen Stillgewässern vor.



Junges Weibchen von Anax parthenope (Foto © H.-W. Wünsch, 14.07.2016 - 6:47 Uhr, xxl-Foto per Bildklick)

In der aktuellen Roten Liste der Libellen Deutschlands (2015) wurde die Kleine Königslibelle als "ungefährdet" eingestuft. Die Art gilt als „Klimagewinner“ und expandiert in vielen Bundesländern.

Verbreitung in NRW
In der Roten Liste für NRW wird Anax parthenope in der Stufe "D", also noch als "Dispersalart" aufgeführt. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Art bis vor wenigen Jahren hierzulande noch extrem selten zu beobachten war. Gewiss ist die Kleine Königslibelle auch aktuell noch nicht als eine häufig vorkommende Spezies zu bezeichnen, doch scheint sie in Ausbreitung begriffen zu sein. Dieser Erhöhung der Bestandszahlen während der letzten Jahre liegt eine erfreuliche Erweiterung ihrer Lebensräume zugrunde. So nahmen die Anzahl von nicht mehr bewirtschafteten Kiesgruben sowie die Entstehung von Tagebaurestseen oder Naturschutzgewässern in NRW deutlich zu. Diese können nun von der Kleinen Königslibelle erfolgreich besiedelt und als Reproduktionshabitate genutzt werden. Aufgrund der Lebensweise und der permanenten Vertreibung der Tiere durch die konkurrierende Schwesternart, die alle Uferzonen beherrschende Große Königslibelle (Anax imperator) ist eine tatsächliche Einschätzung der Abundanz der Art innerhalb eines Habitats nur sehr schwer möglich.

Benutzte Literatur
BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos Libellenführer: Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Kosmos (Franckh-Kosmos). 279 S.

BROCHARD, C.; D. CROENENDIJK; E. VAN DER PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. KNNV. 224 S.

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ROTE LISTE und Artenverzeichnis der Libellen - Odonata - in Nordrhein-Westfalen (2010): 4. Fassung, Stand April 2010, Arbeitskreis Libellen NRW - Klaus-Jürgen Conze, Nina Grönhagen unter Mitarbeit von Edgar Baierl, Andreas Barkow, Ludger Behle, Norbert Menke, Matthias Olthoff, Eva Lisges, Mathias Lohr, Martin Schlüpmann und Eberhard Schmidt - PDF

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WILDERMUTH, H. & A. MARTENS (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Portrait. 824 S., Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co. Wiebelsheim

WÜNSCH, H.-W. & H. GOSPODINOVA (2014): Die Libellen Nordrhein-Westfalens und darüber hinaus. CD-ROM, Band 1 & 2 Ausgabe 2014 (www.waldschrat-online.de)


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Weitere Informationen zu Libellen (Odonata) im Internet

Arbeitskreis zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen: Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste

www.waldschrat-online.de: Libellen und andere Artengruppen Nordrhein-Westfalens in Bild und Text (mit Schwerpunkt NSG Wahner Heide bei Köln)

Schutzgemeinschaft Libellen in Baden-Württemberg e.V. (SGL): Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste, Kartierung, Biologie, Ökologie usw.


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